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2. Chance auf eine 1. Ausbildung — «Ein formeller Berufsabschluss öffnet viele Türen»

Valérie Clerc hat mit 39 Jahren einen ersten Berufsabschluss gemacht: Kauffrau EFZ. Auf ihrem Weg wurde sie vom Projekt «2. Chance auf eine 1. Ausbildung» der Stanley Thomas Johnson Stiftung unterstützt. Heute absolviert Valérie Clerc den Master of Advanced Studies (MAS) in Digital Business Transformation.

«Ich wurde während der Vorbereitung auf das Qualifikationsverfahren finanziell unterstützt. So konnte ich mich ohne Geldsorgen aufs Lernen konzentrieren», sagt Valérie Clerc.

       

Rolf Marti

Sie haben mit 18 Jahren das Gymnasium abgebrochen. Weshalb?

Ich war am Gymnasium nicht glücklich. Als ich die Chance bekam, in Kalifornien intensiv meinem Hobby nachzugehen – Hunde trainieren und an Wettkämpfen teilnehmen –, habe ich das Gymnasium abgebrochen.

Wie ging es danach weiter?
Ich habe in den folgenden Jahren als Hundetrainerin gearbeitet, verschiedene auch selbstständige Tätigkeiten im kaufmännischen Bereich ausgeübt und eine Familie gegründet.

2018 – im Alter von 39 Jahren – haben Sie das eidgenössische Fähigkeitszeugnis als Kauffrau erlangt. Was hat Sie bewogen, noch einen Berufsabschluss zu machen?
Zentral war der Wunsch, meiner Familie finanzielle Sicherheit zu garantieren und mir auf dem Arbeitsmarkt neue Möglichkeiten zu eröffnen. Ein Diplom ist nicht alles – aber es bescheinigt, über welche Kompetenzen jemand verfügt. Und es öffnet die Tür zu vielen Weiterbildungen. Allerdings war es nicht einfach, diesen Schritt zu wagen. Mut gemacht hat mir die Beratungsstelle «Berufsabschluss für Erwachsene» des BIZ Bern.

Sie haben den «Berufsabschluss für Erwachsene» nach Art. 32 gemacht. Das heisst: Sie haben sich direkt für die Abschlussprüfung angemeldet. Wie geht das?
Wer in einem bestimmten Berufsfeld mehrere Jahre Erfahrung nachweist, kann auf Gesuch beim Mittelschul- und Berufsbildungsamt des Kantons Bern direkt zum Qualifikationsverfahren zugelassen werden. Ich bereitete mich mit einem zweijährigen Kurs an der WKS KV Bildung und im Selbststudium auf die Prüfungen vor. So konnte ich die erforderlichen Kompetenzen in einem kompakten Zeitrahmen erwerben.

Wie haben Sie die Vorbereitung auf das Qualifikationsverfahren erlebt?
Es war intensiv und herausfordernd. Ich musste mich gut organisieren, um neben meinen familiären Verpflichtungen Zeit fürs Lernen zu haben. Ich erstellte einen strikten Zeitplan und musste klare Prioritäten setzen. Besonders hart war, wenn mein Mann mit den Kindern einen Ausflug machte und ich im stillen Kämmerchen lernen musste. Ohne das Verständnis und die engagierte Unterstützung meiner Familie hätte ich diese Zeit nicht gemeistert.

Während der Ausbildung wurden Sie durch das Projekt «2. Chance auf eine 1. Ausbildung» der Stanley Thomas Johnson Stiftung unterstützt. Wie sah diese Unterstützung aus?
Ich wurde während der Vorbereitung auf das Qualifikationsverfahren finanziell unterstützt. So konnte ich mich ohne Geldsorgen aufs Lernen konzentrieren. Darüber hinaus bietet das Projekt individuelle Beratung und Begleitung in Form eines Mentorings. Das sind für Erwachsene entscheidende Hilfestellungen auf dem Weg zum Berufsabschluss. Für die erhaltene Unterstützung möchte ich mich an dieser Stelle herzlich bedanken.

Nach dem Berufsabschluss haben Sie sich im Bereich Marketing spezialisiert. Heute sind Sie Marketingfachfrau mit eidg. Fachausweis. Haben Sie weitere berufliche Ziele?
Ja. Derzeit erweitere ich mein Fachwissen mit einem Master of Advanced Studies (MAS) in Digital Business Transformation an der Hochschule für Wirtschaft FHNW. Mich faszinieren innovative Technologien, die einen sozialen Nutzen stiften und sich in den Alltag integrieren lassen.

Was bedeutet es Ihnen, dass Sie heute eine gut qualifizierte Berufsfrau sind?
Es beruhigt mich – und macht mich auch ein wenig stolz. Ein formeller Berufsabschluss öffnet viele Türen. Er ist eine solide Grundlage für eine berufliche Laufbahn. Mein Bildungsverlauf ist zwar unkonventionell, aber ich bereue nichts – auch wenn der Weg über das Gymnasium und ein Betriebswirtschaftsstudium wohl einfacher gewesen wäre. Ich habe wertvolle Erfahrungen gesammelt, die mir heute als Berufsfrau zugutekommen.

2. Chance auf eine 1. Ausbildung

Die Stanley Thomas Johnson Stiftung bietet jedes Jahr 24 im Kanton Bern wohnhaften Erwachsenen (25 plus) die Chance, eine berufliche Grundbildung abzuschliessen. Den Teilnehmenden steht ein Coaching zur Verfügung und sie werden finanziell unterstützt. Anmeldungen für die 5. Staffel sind ab September 2024 möglich. Weitere Informationen zum Projekt und zu den Aufnahmekriterien unter www.2chance1ausbildung.ch

Berufsabschluss für Erwachsene

Es ist nie zu spät: Auch im Erwachsenenalter kann man ein eidg. Fähigkeitszeugnis (EFZ) oder ein eidg. Berufsattest (EBA) erlangen. Dazu stehen vier Wege offen. Die Fachstelle «Berufsabschluss für Erwachsene» informiert auf ihrer Website und bietet individuelle Beratung an.
www.be.ch/bae

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