«Ich fühle mich sehr wohl in dieser Ausbildungsform»
19.03.2022 / Leistungssport am Gymnasium. Svenja Mattig fährt wettkampfmässig Kanuslalom. Gleichzeitig absolviert die 19-jährige eine gymnasiale Ausbildung. Das Angebot Talentförderung Sport am Gymnasium Neufeld hilft ihr, die beiden Engagements unter einen Hut zu bringen.
Artikel von Peter Brand
Frau Matti, was macht für Sie die Faszination von Kanuslalom aus?
Mich fasziniert an dieser Randsportart das vielseitige Spiel mit dem Wasser und den Wellen. Bei der Fahrt im Wildwasser gilt es, ständig auf Winkel, Kanten und Schläge zu achten. Im vorgegebenen Parcours die perfekte Linie zu finden, ist herausforderndund spannend zugleich. Mein Sporterfordert viel Kraft, aber vor allemeine gute Technik. Man muss sehr präzise sein.
Wie und in welchem Alter begannen Sie mit Kanufahren?
Mein Vater und mein Onkel betrieben beide Kanusport und nahmen an den Olympischen Spielen in Barcelona und Atlanta teil. So kam es, dass ich früh damit in Kontakt kam und bereits als kleines Mädchen im Boot sass. Auch in unseren Ferien gingen wir oft paddeln. In der dritten Klasse absolvierte ich ein Einstiegstraining im Kanu Klub Bern. Ich entwickelte mich Schritt für Schritt weiter und gehöre heute zum Schweizer B-Kader.
Welches waren Ihre bisher grössten nationalen oder internationalen Erfolge?
Auf nationaler Ebene holte ich viele Titel an den Junioren-Schweizermeisterschaften. In der Kategorie Elite fuhr ich 2021 auf den 2. Platz. International belegte ich an der Junioren-WM den 12. Platz und zeigte an der U23- EM und an der U23-WM gute Läufe.
Und welche sportlichen Ziele streben Sie an?
Ich möchte mich weiter verbessern, mich weiterhin für das U23-Team qualifizieren und an den Rennen möglichst gute Platzierungen herausfahren. Ein grosses Ziel ist sicher, 2024 an den Olympischen Spielen in Paris teilzunehmen. Da man vom Kanusport definitiv nicht leben kann, werde ich parallel zurKarriere als Sportlerin auch eine berufliche Laufbahn aufbauen.
Sie absolvieren zwölf Trainingseinheiten pro Woche, hinzu kommen Wettkämpfe und Trainingslager. Was genau trainieren Sie?
Ich betreibe vor allem Wasser- und Krafttraining. Im Wassertraining arbeiten wir an der Technik. Da legen wir den Fokus beispielsweise auf Aspekte wie Schläge, Drehungen oder Linienwahl. Es gibt aber auch Schnelligkeitsund Ausdauertrainings. Draussen trainieren wir vor allem auf den Flüssen. Da es in der Schweiz leider noch keine künstlichen Wildwasserstrecken gibt, fahren wir für Trainings oft ins Ausland.
Parallel zum Sport absolvieren Sie eine gymnasiale Ausbildung. Wie gelingt es Ihnen, Schule und Sport zu verbinden?
Mit viel Disziplin, guter Planung und Ordnung. Ich plane anstehende Dinge, seien es Tests oder Trainings, gerne mehrere Wochen im Voraus ein. So bin ich gut vorbereitet. Weil ich aufgrund von Wettkämpfen oder Trainingslagern immer wieder mal Lektionen verpasse, muss ich vieles vor- oder nachholen. Dadurch betreibe ich viel Selbststudium.
Sie profitieren von der Talentförderung Sport des Gymnasiums Neufeld. Inwiefern nimmt die Schule Rücksicht auf Ihre hohe Belastung durch den Sport?
Ich bin in einer sogenannten Sportklasse mit lauter Schülerinnen und Schülern, die ebenfalls Leistungssport betreiben. Das hat den Vorteil, dass wir in einer Halbtagesstruktur arbeiten können. Am Morgen Unterricht, am Nachmittag Sport – oder umgekehrt. Dies gibt uns den nötigen Spielraum, um unserem Sport nachzugehen. Die gymnasiale Ausbildung dauert in dieser Form ein Jahr länger als üblich. Sehr hilfreich ist, dass mich unser Sportkoordinator bestens unterstützt und mir immer zur Seite steht. Das hält mir den Rücken frei, und ich kann mich voll auf meinen Sport konzentrieren. Wenn ich wegen Trainings oder Wettkämpfen länger fehle, kann ich von einem Stützangebot profitieren. Ich fühle mich sehr wohl in dieser Ausbildungsform.
Im Sommer schliessen Sie Ihre gymnasiale Ausbildung ab. Wie geht es beruflich für Sie weiter?
Mit dieser Frage beschäftigte ich mich diesen Winter intensiv. Ich habe mich für das Sportmilitär entschieden und kann diesen Herbst in die Spitzensport- Rekrutenschule in Magglingen eintreten. Nach diesem Einsatz möchte ich studieren. Zurzeit interessieren mich die Gebiete Psychologie und Osteopathie.
Infobox
Talentförderung Sport Gymnasium
Das Gymnasium Neufeld ermöglicht jungen Leistungssportlerinnen und Leistungssportlern eine Ausbildung, die auf die hohe Belastung durch regelmässige Trainings und Wettkämpfe Rücksicht nimmt. Die schulische Anpassung richtet sich nach den individuellen Bedürfnissen der Sportlerinnen und Sportler. Auch andere Gymnasien führen ähnliche Angebote.
Mehr: www.gymneufeld.ch (> TAF Sport)
www.be.ch/gymnasien (> Begabtenförderung)
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