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«Wer das gewohnte Umfeld verlässt, wird selbstständiger»

Nehir Tekgül ist Schülerin am Gymnasium Kirchenfeld. Vor den Sommerferien arbeitete die junge Frau aus Ittigen zwei Wochen in einer Kita in Freiburg. Dies im Rahmen eines Praktikums in der französischsprachigen Schweiz, das Teil ihrer gymnasialen Ausbildung ist.

PETER BRAND

Hat gute Erfahrungen mit ihrem fremdsprachigen Praktikum gemacht: Gymnasiastin Nehir Tekgül.

Frau Tekgül, Sie absolvierten kürzlich einen Stage im Welschland. Was überwog im Vorfeld dieses Einsatzes – die Freude oder die Pflicht?
Eindeutig die Freude. Sprachen sind meine Leidenschaft. Daher freute ich mich sehr auf diesen Einsatz im französischsprachigen Gebiet. Erleichternd war für alle, dass die Stages unmittelbar vor den Ferien stattfanden, sodass eine gute Art Zäsur vom Schulbetrieb entstand.

Sie arbeiteten zwei Wochen in einer Kita in der Stadt Freiburg. Ist das auch ein wenig Ihrem Schwerpunktfach Pädagogik/ Psychologie/Philosophie geschuldet?
Jein. Ursprünglich plante ich einen Einsatz in einer Gelateria, der aber nicht zustande kam. In der Folge machte mir meine Französischlehrerin ein paar Vorschläge. Das war sehr hilfreich. Schlussendlich wählte ich die Kita als Einsatzort. Und ja, diese Wahl hatte schon auch mit meinem Schwerpunktfach und mit meinen späteren beruflichen Plänen zu tun. Ich bin jemand, der den Kontakt sucht. Der Mensch soll daher bei der Arbeit im Zentrum stehen. Dieser Einsatz gab mir die Möglichkeit, mich im pädagogischen Bereich umzuschauen.

Wie haben Sie Ihre Zeit in der Kita erlebt?
Sehr gut und spannend. Alle waren überaus freundlich und hilfsbereit zumir. Das Team hat mich beeindruckt. Es war richtiggehend eine kleine, gut funktionierende und eingespielte Familie. Im Verlauf des Tages gab es immer wieder herausfordernde Situationen mit den Kindern. Die Mitarbeitenden blieben ruhig und reagierten mit viel Geschick und Geduld. Ihre Professionalität war bemerkenswert.

Welches waren Ihre Aufgaben in der Kita?
Ich beteiligte mich an den anfallenden Arbeiten. Der Kita-Leiter forderte mich zu Beginn zwar auf, einfach zu beobachten und dabei zu sein, damit ich im Berufsalltag Fuss fassen konnte. Bereits nach wenigen Tagen konnte ich jedoch mehr Verantwortung übernehmen und beispielsweise das Znüni vorbereiten oder mit den Kindern zusammen sein. Das habe ich sehr genossen. Und es ist mir tatsächlich gelungen, mit den Kindern eine Beziehung aufzubauen.

Wie lief das mit dem Französisch – konnten Sie sich gut verständigen?
Ja. Ich hatte unmittelbar vor meinem Einsatz gerade ein Französischdiplom mit sehr gutem Sprachstand (C1) absolviert. So war ich gut gerüstet für den Stage und konnte den Gesprächen problemlos folgen. Mein Wortschatz hat sich in den zwei Wochen wahrscheinlich nicht wesentlich erweitert. Aber ich profitierte davon, dass ich ständig reden, mich ausdrücken und an Gesprächen teilnehmen konnte. Ich war in einer rein französischsprachigen Kita. So gesehen kam ich voll auf meine Rechnung. Ich fand es interessant zu hören, worüber die Kinder reden und Teil dieser Gespräche zu sein. Ab und zu korrigierten mich die Kleinen auch sprachlich.

Wovon haben Sie sonst noch profitiert?
Ich lernte ein spannendes Berufsfeld kennen. Die Professionalität des Teams beeindruckte mich wie gesagt stark. Dennoch wird es für mich wohl später weniger in diesen Bereich gehen. Kinder können eben auch anstrengend sein. Da würde mir wohl auf die Dauer die Geduld fehlen. Aber einen psychologischen Beruf könnte ich mir später durchaus vorstellen. So gesehen hat mich der Einsatz in Hinblick auf meine Studienwahl ein Stück weitergebracht.

Wo waren Sie in dieser Zeit untergebracht?
Ich konnte bei Bekannten meiner Familie in Düdingen übernachten. So pendelte ich jeden Morgen nach Freiburg. Das sind etwa 20 bis 30 Minuten Weg. Das war eine gute Lösung. Wer das gewohnte Umfeld verlässt, wird selbstständiger.

Wie geht es nun weiter in Sachen Stage?
Das weiss ich noch nicht. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass wir nach den Ferien im Unterricht einen kurzen Text über unsere Einsätze verfassen müssen. Ich selbst ziehe eine positive Bilanz und kann solche Praktika nur empfehlen.

Stage pratique

Die Abteilung Geistes- und Humanwissenschaften des Gymnasiums Kirchenfeld organisiert seit 1991 für die Schülerinnen und Schüler der Stufe GYM 3 ein Praktikum in der französisch- oder italienischsprachigen Schweiz. Sie leben und arbeiten in einer Familie, einem Bauernbetrieb oder einer sozialen Institution und erhalten dadurch Einblick in die Arbeitswelt und in eine neue Umgebung. Sie lernen, sich in einem neuen sozialen Rahmen zurechtzufinden und festigen ihre Ausdrucksfähigkeit in einer zweiten Landessprache. Andere Gymnasien im Kanton Bern bieten ähnliche Praktika an.

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