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strong@work — «Wir wollen nicht jammern, sondern präventiv etwas tun»

Die Insel Gruppe geht in der Ausbildung ihrer Fachfrauen und Fachmänner Gesundheit neue Wege. Sie stärkt die Lernenden mit einem Resilienzprogramm. Andrea Deiss Candrian sagt, was es mit strong@work auf sich hat. Sie leitet die Abteilung Ausbildung Sekundarstufe II.

Will den Lernenden ein stabiles Fundament für die berufliche Zukunft mitgeben: Andrea Deiss Candrian.

       

Peter Brand

Frau Deiss Candrian, das Inselspital stärkt neuerdings angehende Fachfrauen und Fachmänner Gesundheit in Bezug auf ihre Resilienz. Warum das?
Wir wissen, dass es um die psychische Gesundheit der heutigen Jugendlichen nicht immer aufs Beste bestellt ist. Rund ein Drittel von ihnen gibt gemäss einer Studie des UNICEF an, von psychischen Problemen betroffen zu sein. Das macht uns als Lehrbetrieb hellhörig. Hinzu kommen die spezifischen Herausforderungen und Belastungen in der Pflege. Als verantwortungsbewusster Lehrbetrieb und Arbeitgeberin ist es uns ein Anliegen, die Ressourcen der Lernenden zu stärken, damit sie in herausfordernden Situationen darauf zugreifen können. Wir wollen nicht jammern, sondern etwas tun – auch mit der Absicht, die Verweildauer im Beruf zu erhöhen.

Welches sind die belastenden Situationen und Herausforderungen im Spitalalltag?
Im Spital hat man es mit kranken, oft sogar schwerkranken Menschen zu tun. Sie haben zum Beispiel Schmerzen und leiden, müssen mit schwierigen Diagnosen umgehen und sind mit existentiellen Fragen des Lebens konfrontiert. Mitunter reagieren die Patientinnen und Patienten auch ungehalten und aggressiv. Mit all dem umgehen zu können, ist nicht immer einfach. Wer einen Pflegeberuf erlernt, verfügt meist über ein hohes Verantwortungsbewusstsein. Dieses kann bei der Arbeit mit kranken Menschen Druck oder Stress auslösen – zum Beispiel, wenn man nicht helfen kann. Auch die unregelmässigen Arbeitszeiten, der Schichtbetrieb, der Zeitdruck und der Mangel an Fachkräften kann im Spital als Belastung erlebt werden.

Wie kann strong@work Abhilfe schaffen?
Mit diesem Programm unterstützen wir die Lernenden bei der Entwicklung ihrer individuellen Resilienzkompetenzen, damit sie auch bei Herausforderungen und Belastungen im Berufsalltag psychisch gesund bleiben. Die Lernenden entwickeln individuell wirksame Strategien. Zum Beispiel setzen sie sich mit ihren persönlichen Stärken, mit Instrumenten für ein bewusstes Zeit- und Energiemanagement und mit dem Umgang mit Stress auseinander. Weiter lernen sie, wie sie mit ihren Gedanken und Gefühlen umgehen und in Balance bleiben können.

Wie gelangt das Programm zur Anwendung?
Es umfasst sechs Module verteilt über die drei Ausbildungsjahre. Nach jedem Modul erhalten die Lernenden einen Umsetzungsauftrag. Zu Beginn der Ausbildung werden mehr Module unterrichtet, um die Lernenden bei der Findung ihrer neuen Rolle am Übergang von der Schule zur Berufsausbildung im Lehrbetrieb zu unterstützen. Die in den Modulen behandelten Themen werden zudem mit den Lernenden in den halbjährlichen Verlaufsgesprächen thematisiert beziehungsweise der Stand der Entwicklung von individuellen Strategien wird mit ihnen reflektiert.

Sie starteten vor gut zwei Jahren mit strong@work. Welche Erfahrungen machen Sie damit? Gelingt es Ihnen, den Lernenden das gewünschte stabile Fundament für die Zukunft mitzugeben?
Die bisherigen Erfahrungen und Eindrücke sind positiv. Ich bin überzeugt, dass wir auf einem guten Weg sind. Da wir mit dem ersten Jahrgang noch nicht alle Module durchführen konnten, liegen allerdings noch keine gesicherten Erkenntnisse der Wirksamkeit am Ende der Ausbildung vor. Wir starten dieses Jahr mit der Evaluation. Sobald erste Resultate vorliegen, können wir besser beurteilen, ob sich das Programm auf die psychische Gesundheit der Lernenden positiv auswirkt und ob wir unsere Ziele erreichen.

Und wie kommt das Programm bei den Lernenden an?
Die Rückmeldungen der Lernenden sind gut. Sie machen aktiv mit und bringen sich engagiert ein. Sie betonen auch, dass ihnen die vermittelten Inhalte – zum Beispiel das Thema Zeitmanagement – weiterhelfen bei der Bewältigung der unterschiedlichen Anforderungen während der Berufsausbildung. Zudem schätzen es die Lernenden, dass es in den Modulen um sie als Person geht und dass sie den nötigen Raum erhalten, sich mit ihren Kolleginnen und Kollegen auszutauschen und voneinander zu lernen.

Die Auszeichnung

Für das Projekt strong@work wurde die Insel Gruppe letzten August vom Wirtschaftsraum Bern (WRB) als Lehrbetriebs-Champion ausgezeichnet. Dieser Titel wurde 2024 zum ersten Mal vergeben. Rund 3200 Lehrbetriebe waren eingeladen, sich mit besonderen Leistungen in der Berufsbildung dafür zu bewerben .

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