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Lehrstellenmarkt – Die Pandemie hat gezeigt, wie wichtig ausbilden für die Betriebe ist

Der Lehrstellenmarkt hat sich in der Pandemie als krisenresistent erwiesen. Warum? Und: Was passiert, wenn in den nächsten Jahren wieder mehr Jugendliche eine Lehrstelle suchen? Dani Duttweiler, Ressortleiter Berufsbildungspolitik beim Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation SBFI, erklärt.

«Unternehmen bilden aus, weil sie Fachkräfte brauchen und weil es sich lohnt», sagt Dani Duttweiler. Bild: Rolf Marti

       

Rolf Marti

In der Schweiz steigen zwei Drittel der Jugendlichen über eine Lehre ins Berufsleben ein. Internationaler Rekord. Was macht die Berufsbildung «Made in Switzerland» so attraktiv?
Erstens wird in der Berufsbildung das vermittelt, was in der Arbeitswelt nachgefragt wird. Zweitens stehen etwa 240 spannende Lehrberufe mit unterschiedlichen Anforderungsprofilen zur Auswahl. Und drittens bietet die Berufsbildung attraktive Weiterbildungsmöglichkeiten – mit der höheren Berufsbildung aber auch mit der Berufsmaturität, welche die Tür zu den Fachhochschulen und mit Zusatzqualifikationen zu den Universitäten und zur ETH öffnet.

Der Bundesrat hat im Dezember einen Bericht zum Lehrstellenmarkt verabschiedet. Fazit: kein Handlungsbedarf. Also alles im grünen Bereich?
Bund, Kantone und Organisationen der Arbeitswelt haben viele Erfahrungen gesammelt, wie Jugendliche zu einer Lehrstelle kommen und wie Betriebe die passenden Lernenden finden. Ich denke an die gut ausgebaute Berufsinformation und Berufsberatung, an Berufsmessen, Online-Plattformen oder Coaching-Angebote.

Die Wirtschaft durchläuft unruhige Zeiten. Zuerst die Pandemie, jetzt die hohen Energiepreise und die Inflation als Folge des Kriegs in der Ukraine. Geht das am Lehrstellenmarkt spurlos vorbei?
Bildung ist eine langfristige Investition. Die Pandemie hat gezeigt, wie wichtig ausbilden für die Betriebe ist und wie stark sie sich dafür engagieren. So wurden beispielsweise rasch Wege gefunden, wie Lernende trotz Betriebsschliessungen ausgebildet werden können. Der Bund hat entsprechende Projekte mitfinanzieren.

Die jüngsten Ergebnisse aus dem Lehrstellenpuls der ETH zeigen, dass sich die Situation für Lehrstellensuchende tendenziell verschlechtert. Kein Handlungsbedarf?
In den nächsten Jahren drängen wieder mehr junge Leute auf den Lehrstellenmarkt – das verändert die Situation. Aber vergessen wir nicht: Momentan werden händeringend Fachkräfte gesucht. Wenn nötig können die Kantone die Lehrstellenförderung forcieren.

In der Berufsbildung gilt: So wenig Staat wie möglich, so viel wie nötig. Wann würden Bund und Kantone in den Lehrstellenmarkt eingreifen?
Bei fehlender Ausbildungsbereitschaft der Unternehmen oder bei fehlendem Interesse der Jugendlichen an der Berufsbildung. Davon sind wir weit entfernt. Ausbilden lohnt sich für die Betriebe, wie Studien belegen. Und Jugendliche interessieren sich für die Berufsbildung, wie der grosse Publikumsandrang an den SwissSkills 2022 gezeigt hat. Die öffentliche Hand muss gute Rahmenbedingungen gewährleisten und über die Chancen der Berufsbildung informieren, wie wir dies mit der Berufsberatung oder der Kampagne Berufsbildungsplus.ch machen.

Welche Instrumente kennt die öffentliche Hand, um bei Ungleichgewichten auf dem Lehrstellenmarkt zu intervenieren?
Jugendlichen können im Berufswahlprozess auf sorgfältig abgestimmte Information, Beratung und Begleitung zählen. Bei den Unternehmen sind Lehrstellenförderung und Beratung wichtig, um Lehrstellen zu erhalten und zu schaffen.

Ein Beispiel für staatliche Eingriffe liefert das Gesundheitswesen. Dort haben einige Kantone eine Ausbildungsverpflichtung eingeführt. Ist das noch systemkonform?
Unternehmen bilden aus, weil sie Fachkräfte brauchen und weil es sich lohnt. In der Schweiz sind Lernende bereits während der Lehre produktiv. Zudem sparen die Betriebe Rekrutierungs- und Einarbeitungskosten, wenn sie Lernende nach der Ausbildung weiterbeschäftigen. Das funktioniert gut. Das Gesundheitswesen zeigt aber, dass im Einzelfall aufgrund der Besonderheiten in einer Branche noch andere Gründe eine Rolle spielen können. Das gesellschaftliche Interesse an ausreichend Fachkräften ist hier sehr hoch.

Sind solche Eingriffe auch in anderen Berufen denkbar? Beispielsweise bei den IT-Berufen, wo sich internationale Konzerne kaum in der Berufsbildung engagieren?
Die Situation von international ausgerichteten Unternehmen ist erkannt. Die kantonalen Berufsbildungsämter und die Wirtschaftsförderung betreiben dort Lehrstellenförderung. Auch die Branchenverbände engagieren sich.

Der Bericht

Der Bericht «Erhalt und Schaffung von Lehrstellen – Erfolgsfaktoren und Herausforderungen» wurde im Dezember 2022 vom Bundesrat verabschiedet. www.sbfi.admin.ch › Medienmitteilungen › 09.12.2022

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