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Kunstfach am Gymnasium — «Die grössten Wissenschaftler sind immer auch Künstler»

Eines der zehn Grundlagenfächer in der gymnasialen Ausbildung ist das Kunstfach. Die Schülerinnen und Schüler wählen zwischen Musik und Bildnerischem Gestalten. Was bieten die beiden Fächer? Im Gespräch mit Christa Gerber vom Gymnasium Thun und Ueli Sonderegger vom Gymnasium Bern Neufeld.

The rhythmic beats of African drums resonate
Zur Wahl stehen Musik oder Bildnerisches Gestalten

       

Peter Brand

Frau Gerber, Herr Sonderegger, Sie sind kantonale Fachschaftspräsidentin Musik respektive Fachschaftspräsident Bildnerisches Gestalten. Ist die Wahl des Kunstfachs eine schwierige?
Gerber: Die Wahl wird bereits in der achten Klasse getroffen, was ein schwieriger Zeitpunkt sein kann. Wichtig ist, dass sich die Schülerinnen und Schüler für ihre Leidenschaft entscheiden und sich nicht davon abhalten lassen.
Sonderegger: Es ist ein früher, aber nicht zwingend ein schwieriger Entscheid. Wünschenswert ist eine Wahl aufgrund der vorhandenen Stärken, Vorlieben und Interessen.

Wie können sich die Schülerinnen und Schüler ein realistisches Bild der beiden Fächer machen?
Gerber: Alle Gymnasien im Kanton bieten Infotage an. Gute Einblicke sind auch die Tage der offenen Türen. Darüber hinaus gibt es die Webseiten der einzelnen Schulen und der Bildungs- und Kulturdirektion.
Sonderegger: Die Infotage sind besonders wertvoll. Bei uns werden die Fächer zum Beispiel an Ständen präsentiert. Unterrichtsmaterialien liegen auf, Lehrpersonen sowie Schülerinnen und Schüler geben Einblick ins Fach.

Angenommen, jemand würde gerne beide Fächer belegen. Was dann?
Gerber: Die Schülerinnen und Schüler im ersten Jahr der gymnasialen Ausbildung haben die Möglichkeit, das zweite Fach als Freifach zu belegen. Davon machen sie aber wenig Gebrauch.
Sonderegger: Wohl nicht zuletzt deshalb, weil am Gymnasium viel Neues auf sie wartet. Sie können das zweite Fach als Schwerpunktfach wählen oder später als Ergänzungsfach.

Welche Vorkenntnisse sind für das Kunstfach nötig/wünschenswert?
Gerber: Vorkenntnisse sind nicht Bedingung. Interesse und die Freude an der Materie sind entscheidender. Musik wird in den Volksschulen sehr unterschiedlich unterrichtet. Wir holen alle dort ab, wo sie stehen.
Sonderegger: Auch das Bildnerische Gestalten wird an den Sekundarschulen unterschiedlich gehandhabt. Wir beginnen bei den Basics. Vorkenntnisse sind keine nötig. Es muss niemand gestalterisch begabt sein. Wer motiviert ist, kann sich vieles durch Training aneignen. Wichtig sind Neugier und die Bereitschaft, sich auf gestalterische Prozesse einzulassen.

Was wird in den beiden Fächern unterrichtet?
Gerber: Neben dem Musizieren im Klassenverband oder in kleinen Bandprojekten erweitern die Schülerinnen und Schüler ihr theoretisches Wissen. Sie lernen beispielsweise die Harmonielehre kennen. Sie eignen sich mithilfe der Gehörbildung Rhythmen, Tonlagen und musikalische Formen an. Zudem lernen sie wichtige Komponistinnen und Komponisten sowie berühmte Musikerinnen und Musiker kennen. Wir verknüpfen Praxis und Theorie.
Sonderegger: Viele Fächer am Gymnasium sind eher theorielastig. Wir arbeiten daher bewusst praxisorientiert. Wir zeichnen, malen, fotografieren, gestalten dreidimensional und digital, so zum Beispiel in Grafik und Typografie. Wir fördern Ideenfindung, Entwicklungsprozesse und konzeptionelles Arbeiten. Das sind wichtige Kompetenzen fürs Studium.

Wohin wollen Sie die Schülerinnen und Schüler bringen?
Gerber: Wir wollen ihnen einen möglichst breiten Erfahrungshorizont bieten und ihnen ästhetische Erfahrungen ermöglichen. Sie sollen mit Musik in Berührung kommen und sich selbst eine Meinung dazu bilden können. Wir möchten den Schülerinnen und Schülern ein gewisses Handwerk mitgeben. Sie sollen in der Lage sein, am kulturellen Leben teilzunehmen.
Sonderegger: Heute wird vieles über das Bild gesteuert. Daher arbeiten wir an Bildkompetenzen – zum Beispiel am kritischen Umgang mit der digitalen Bilderflut. Uns ist wichtig, dass sich die Schülerinnen und Schüler ein Kulturverständnis und -bewusstsein erarbeiten. Wir versuchen Wissenschaft und Kunst zu verbinden und eine forschend interessierte Lernhaltung zu fördern. Die grössten Wissenschaftler sind immer auch Künstler.

Welche anderen Möglichkeiten gibt es, um sich in der gymnasialen Ausbildung in den Kunstdisziplinen zu engagieren?
Gerber: Im Rahmen der Freifächer können Interessierte zum Beispiel im Orchester, in einer Band, im Chor oder in einem Vokalensemble mitmachen.
Sonderegger: Das Bildnerische Gestalten kommt auch im fächerübergreifenden Unterricht oder im Rahmen von Sonderwochen zum Zug.

Zur Wahl stehen Musik oder Bildnerisches Gestalten: Kunstfach am Gymnasium.
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