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Gymnasium: Talentförderung Sport — «Talentförderung ist zur festen Grösse im Bildungswesen geworden»

Leistungssport und Gymnasium: Wie passt das zusammen? Das erklären Heinz Gmür und Vera Dubach. Er leitete 15 Jahre die Talentförderung Sport am Gymnasium Neufeld Bern, sie übernimmt diese Funktion auf Beginn des neuen Schuljahrs. Im letzten Schuljahr waren sie gemeinsam für die jungen Talente im Einsatz.

Stabübergabe: Vera Dubach ist künftig am Gymnasium Neufeld für die «Talentförderung Sport» verantwortlich.

Rolf Marti

Herr Gmür, Sie haben viele Leistungssportlerinnen und -sportler durch die gymnasiale Ausbildung begleitet. Gibt es unter ihnen bekannte Namen?
Gmür: Klar. Der aktuell bekannteste ist sicher Ditaji Kambundji. Bekannt sind aber auch der Fussballer Nicolas Bürgy, die Beachvolleyballerin Zoé Vergé-Dépré oder der Unihockeyaner Jan Bürki. Daneben gab und gibt es Talente in weniger prominenten Sportarten. Ein Beispiel ist Lena Georgescu. Sie wurde 2017 Schach-Schweizermeisterin. An unserer Schule sind fast alle von Swiss Olympic anerkannten Sportarten vertreten.

Wer Leistungssport treibt und das Gymnasium absolviert, muss vielen Ansprüchen gerecht werden. Wie kann die Schule dazu beitragen, dass der Spagat gelingt?
Gmür: Der Sport kommt vor der Schule – das ist der Grundsatz. Er bedeutet, dass wir den Unterricht so individuell wie möglich auf die Trainings- und Wettkampfpläne der Sportlerinnen und Sportler abstimmen. Unser Beitrag zum erfolgreichen Spagat besteht also darin, dass wir flexible Stundenpläne schreiben, den Unterricht individualisieren und Lernbegleitung, Online-Unterricht sowie Stütz- und Nachführunterricht anbieten.

Werden die Leistungssportlerinnen und -sportler in separaten Klassen unterrichtet?
Dubach: Früher absolvierten alle die Regelklasse. Seit die Anzahl Sportlerinnen und Sportler gross genug ist, führen wir auch separate Sportklassen. Wer sie besucht, absolviert das Gymnasium in fünf statt in vier Jahren. Dieses Modell eignet sich für Sportlerinnen und Sportler mit grossen Trainingsumfängen. Auf Schulbeginn 2024 lancieren wir zusätzlich eine vierjährige Sportklasse, bei der der Unterricht täglich um 15:15 Uhr endet. Das ermöglicht es, jeden Nachmittag und zusätzlich am Dienstagmorgen zu trainieren.

Sind Leistungssportlerinnen und -sportler auch schulisch überdurchschnittlich ambitioniert oder betrachten sie die Schule eher als notwendiges Übel?
Dubach: Wir sehen beides. Viele Sportlerinnen und Sportler sind auch in der Schule sehr ehrgeizig, andere schauen einfach, dass sie durchkommen. Eine Kompetenz bringen aber fast alle mit: Sie wissen, wann es darauf ankommt, und können im entscheidenden Moment ihre Leistung abrufen.

Wie hat sich die Talentförderung an den Gymnasien in der «Ära Heinz Gmür» entwickelt?
Gmür: Als ich 2007 meine Funktion übernahm, hatten wir am Gymnasium Neufeld 13 Leistungssportlerinnen und -sportler. Heute sind es über 200. Was sich stark verbessert hat, ist die Vereinbarkeit von Sport und Schule. Wir arbeiten heute eng mit den Sportpartnern zusammen, um möglichst optimale Voraussetzungen für das Training zu schaffen. Dieses Miteinander hat sich stark professionalisiert.

Frau Dubach, künftig sind Sie für die Leistungssportlerinnen und -sportler am Gymnasium Neufeld zuständig. Was reizt Sie an dieser Aufgabe?
Dubach: Sport ist ein wichtiger Teil meines Lebens. Ich spiele Fussball, war Teammanagerin der U19-Nationalmannschaft der Frauen und bin Gymnasiallehrperson für Sport und Spanisch. Es ist extrem bereichernd, mit jungen Sporttalenten zusammenzuarbeiten, sie zu begleiten und zu fördern. Auch der Kontakt zu den Eltern und den Verantwortlichen der Verbände macht die Arbeit abwechslungsreich.

Wie wichtig ist die Begleitung der jungen Talente auf persönlicher Ebene?
Gmür: Sehr wichtig. Wir sind speziell dann gefordert, wenn es nicht wie erwartet läuft – sei es im Sport oder in der Schule. Da kommen Emotionen hoch und es fliessen auch mal Tränen. Das versuchen wir aufzufangen, indem wir die Jugendlichen als neutrale Begleiter stützen. Das setzt eine Vertrauensbasis voraus. Wo wir nicht weiterkommen, ziehen wir den Schulpsychologen oder eine Fachstelle bei.

In vielen Ländern setzen junge Talente ausschliesslich auf die Karte Sport. Wieso hat man in der Schweiz den Anspruch, dass sie auch eine Ausbildung absolvieren?
Dubach: Die wenigsten schaffen es an die Spitze. Das ist die Realität. Daher ist es wichtig, dass die Jugendlichen einen Plan B für ihre Zukunft haben. Der beste Plan B ist der Abschluss einer Mittelschule oder einer Lehre.
Gmür: Das Modell «Sport und Ausbildung» entlastet die Sportvereine. Sie wissen, dass jene, die es nicht schaffen, eine Perspektive haben, und dass ihre Talente abseits der Trainings etwas Sinnvolles tun. Ich finde es grossartig, dass wir heute im Kanton Bern ein so gutes und breites Angebot für junge Talente haben – nicht nur für Sportlerinnen und Sportler. Talentförderung ist zur festen Grösse im öffentlichen Bildungswesen geworden. Früher war sie ein Nischenprodukt.

Begabtenförderung am Gymnasium

Alle Berner Gymnasien engagieren sich in der Talentförderung. Davon können nebst intellektuell besonders begabten Schülerinnen und Schülern auch Talente in Sport, Musik, Tanz sowie Gestaltung und Kunst profitieren.
www.bkd.be.ch (Suchbegriff «Begabtenförderung am Gymnasium»)

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