Fabienne Marti hat diesen Sommer das Eidgenössische Fähigkeitszeugnis (EFZ) als Pferdefachfrau «Klassisch Reiten» erlangt – nach Art. 32. Dies ermöglicht Erwachsenen mit Berufserfahrung den direkten Zugang zum Qualifikationsverfahren. Für Fabienne Marti ist es der zweite Berufsabschluss. Sie besitzt bereits ein EFZ als Restaurantfachfrau.
Rolf Marti
Sie haben mit 27 Jahren den Berufsabschluss als Pferdefachfrau gemacht. Warum?
Pferde begeistern mich seit meiner Kindheit. Nach der Volksschule wollte ich unbedingt die Lehre als Pferdefachfrau absolvieren. Aber erstens ist das ein körperlich anstrengender Beruf – man ist sieben Tage die Woche mit den Pferden beschäftigt, arbeitet viel draussen und im Stall ¬–, und zweitens ist es nicht einfach, in diesem Gewerbe ein finanzielles Auskommen zu finden. Daher hat man mir empfohlen, zuerst «etwas Rechtes» zu lernen … (schmunzelt). Also habe ich die Lehre zur Restaurantfachfrau absolviert.
In wenigen Worten: Was machen Pferdefachleute?
Sie arbeiten auf einem Reit- bzw. Pferdehof. Dort bilden sie Pferde in verschiedenen Disziplinen wie Spring-, Dressur- oder Westernreiten aus, erteilen Kindern und Erwachsenen Reitunterricht und versorgen bzw. pflegen die Pferde.
Sie haben bereits eine EFZ-Lehre abgeschlossen. Mussten Sie für Ihren zweiten Abschluss nochmals das volle Programm einer Lehre absolvieren?
Nein. Erwachsene mit mindestens fünf Jahren Praxiserfahrung können im entsprechenden Beruf direkt zum Qualifikationsverfahren zugelassen werden. Ich arbeite seit neun Jahren Teilzeit für einen Reithof und war eine zeitlang auch Vollzeit für einen Sport- und Ausbildungsstall tätig.
Wie haben Sie sich auf das Qualifikationsverfahren vorbereitet?
Individuell. Die Berufskunde des ersten und des zweiten Lehrjahrs habe ich mir im Selbststudium erarbeitet. Für den Stoff des dritten Lehrjahrs habe ich den Unterricht an der Berufsfachschule besucht. Zusätzlich habe ich die überbetrieblichen Kurse des zweiten Lehrjahrs absolviert. Sie vermitteln einen guten Einblick in alle Themen. Die Allgemeinbildung wurde mir von meiner Erstausbildung angerechnet.
Wie lange hat die Prüfungsvorbereitung gedauert? Und: Wie anstrengend war sie?
Ich habe alles in einem knappen Jahr durchgezogen. Das verlangte ein grosses Mass an Selbstdisziplin und war sehr zeitaufwändig. Um effizient voranzukommen, habe ich mit Unterstützung eines Mentaltrainers einen Wochenplan zusammengestellt – mit Lernzeiten, Arbeitszeiten aber auch mit Ruhephasen und Zeitfenstern für Sport. Das war hilfreich, da ich dazu neige, mich zu überfordern.
Sie haben die Erstausbildung vor bald zehn Jahren abgeschlossen. Wie schwierig war es, in den Lernmodus zurückzufinden?
Ich musste mich wieder daran gewöhnen. Zudem hat sich an der Berufsfachschule in der Zwischenzeit vieles verändert. Digitale Lernplattformen gab es während meiner Erstausbildung noch nicht. Ich musste meine Lerngewohnheiten anpassen und meine digitalen Kompetenzen erweitern.
Nun sind Sie ausgebildete Pferdefachfrau. Welche beruflichen Pläne haben Sie?
Nächstes Jahr übernimmt mein Partner den Hof seiner Eltern in Rüderswil. Dort möchte ich, nach Möglichkeit eine eigene Reitschule aufbauen. Erste Kundinnen und Kunden habe ich bereits. Daneben möchte ich auf dem Reithof, wo ich seit Langem arbeite, weiterhin Pferde ausbilden. Es ist faszinierend, ein Fluchttier so weit zu bringen, dass es mit Menschen zusammenarbeitet. Voraussetzung dafür ist, dass sich das Tier dabei wohlfühlt. Schliesslich will ich weiterhin an Turnieren im Spring- und Dressursport teilnehmen. Pferde sind nun mal meine Leidenschaft.
Berufsabschluss für Erwachsene
Erwachsene haben verschiedene Möglichkeiten, einen anerkannten Berufsabschluss (Fähigkeitszeugnis EFZ, Berufsattest EBA) zu machen. Über die verschiedenen Wege informieren die BIZ Berufsberatungs- und Informationszentren.
www.be.ch/bae
Pferdeberufe
2023 haben 159 Personen die berufliche Grundbildung «Pferdefachfrau/-mann EFZ» abgeschlossen. Nebst dieser dreijährigen Grundbildung gibt es die zweijährige berufliche Grundbildung «Pferdewart/-in EBA». Weitere Informationen unter www.pferdeberufe.ch
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