Für Jugendliche mit Beeinträchtigungen ist der Einstieg ins Berufsleben besonders herausfordernd. Die Invalidenversicherung (IV) bietet Unterstützung an – von der Berufsberatung bis zur Finanzierung von Ausbildungskosten. Im Gespräch: Teresa Thürig, Co-Bereichsleiterin «Eingliederung Junge» bei der IV-Stelle Kanton Bern.

Rolf Marti
Vor welchen spezifischen Hürden stehen Jugendliche mit Beeinträchtigungen beim Einstieg in die Berufswelt?
Die Berufswahl ist für junge Menschen mit einer psychischen, körperlichen oder kognitiven Beeinträchtigung besonders herausfordernd. Sie haben beispielsweise ein eingeschränktes Berufswahlspektrum, was enttäuschend sein kann. Zudem benötigen sie oft mehr Unterstützung – sei es bei der Berufsberatung oder der Suche nach einem passenden Ausbildungsplatz. Das wird vielen Betroffenen und Eltern erst während des Berufswahlprozesses bewusst und kann verunsichern.
Die IV unterstützt betroffene Jugendliche. Welche Voraussetzungen müssen sie erfüllen?
Wir unterstützen, wenn eine gesundheitliche Beeinträchtigung die Berufswahl oder die Ausbildungsfähigkeit behindert. Es braucht eine Anmeldung bei der IV für berufliche Massnahmen sowie eine fachärztliche Diagnose.
Was, wenn keine Diagnose vorliegt, aber der Verdacht auf eine Beeinträchtigung besteht?
Eltern können die IV kontaktieren, wenn sie vermuten, dass eine gesundheitliche Beeinträchtigung den Übergang in die Ausbildung erschwert. Gemeinsam besprechen wir die nächsten Schritte. Fachpersonen aus Schule, Sozialarbeit oder Berufsberatung sollten das Gespräch mit den Betroffenen suchen. Eventuell braucht es eine Abklärung bei der Erziehungsberatung.
Sprechen wir über die Hilfestellungen der IV. Wie unterstützt sie die berufliche Integration?
Beim Übergang von der Schule in die Arbeitswelt begleiten wir die Jugendlichen u. a. durch Berufsberatung, Mitfinanzierung von Brückenangeboten oder die Übernahme invaliditätsbedingter Kosten für Hilfsmittel und Coachings. Auch beim Übergang in den Arbeitsmarkt können wir mit Coachings, Arbeitsversuchen und Einarbeitungszuschüssen unterstützen. Die IV-Stelle Kanton Bern baut derzeit ein niederschwelliges Beratungsangebot auf, damit Jugendliche, Lehrpersonen und Eltern sich bei Schwierigkeiten auch ohne IV-Anmeldung beraten lassen können.
Was unterscheidet die Berufsberatung der IV von der öffentlichen Berufsberatung?
Wir begleiten Jugendliche intensiver. Beispielsweise prüfen wir, ob ihr Wunschberuf unter den gegebenen Umständen realistisch ist und welche Unterstützung sie brauchen – etwa durch Abklärungen in Institutionen oder Betrieben im 1. Arbeitsmarkt. Dabei arbeiten wir eng mit Eltern, Schulen, Therapeutinnen und Therapeuten sowie Lehrbetrieben zusammen.
Wie unterstützt die IV bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz?
Geht es um eine Lehrstelle im ersten Arbeitsmarkt, können wir den gesamten Bewerbungsprozess begleiten. Weiter beraten wir Lehrbetriebe in Bezug auf die Unterstützungsangebote der IV. Suchen Jugendliche einen geschützten Ausbildungsplatz, vermitteln wir Partnerinstitutionen der IV.
Wie reagieren Lehrbetriebe auf Bewerbungen von Jugendlichen mit Beeinträchtigung?
Wir spüren grundsätzlich viel Offenheit. Betriebe ohne Erfahrung sind jedoch oft unsicher. Wichtig ist, dass die Jugendlichen transparent sind und die Betriebe wissen, dass ihnen die IV während der Ausbildung als professioneller Partner zur Seite steht. Die IV-Stelle Kanton Bern will Unternehmen künftig noch stärker sensibilisieren und unterstützen, damit die Ausbildung für beide Seiten ein Erfolg wird.
Welche Optionen haben Jugendliche, die keine formale Ausbildung absolvieren können?
Wir unterstützen auch nichtformale Ausbildungen wie die IV-Anlehre oder die Praktische Ausbildung des nationalen Branchenverbands der Dienstleister für Menschen mit Behinderung (INSOS) – sei es im ersten Arbeitsmarkt oder in einer geschützten Institution. Im Idealfall ist danach der Einstieg in eine zweijährige berufliche Grundbildung mit Berufsattest (EBA) möglich.
Plant die IV-Stelle Kanton Bern weitergehende Massnahmen, um Jugendliche und junge Erwachsene zu unterstützen?
Wir bauen Angebote auf, die Prävention, psychische Gesundheit und nachhaltige Integration fördern. Sie sollen niederschwellig zugänglich sein, Schulen und Betriebe noch stärker unterstützen und Jugendliche frühzeitig erreichen. Damit möchten wir einer Chronifizierung entgegenwirken und verhindern, dass junge Menschen eine Rente brauchen.
Weitere Informationen zu den IV-Leistungen
Weitere Informationen zu den Leistungen der IV im Bereich berufliche Integration von Jugendlichen und jungen Erwachsenen finden Interessierte unter
www.ivbe.ch.
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