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Ausbildung und Sport

«Wer fussballerisch durchzieht, schliesst auch die Ausbildung ab»

Verein, Schule, Lehrbetrieb, privates Umfeld: Alle stellen Ansprüche», sagt Jürg Frey zur Situation junger Leistungssportlerinnen und -sportler. Bild: Rolf Marti

       

Beim FC Thun absolvieren praktisch alle Spieler ab 16 Jahren eine Lehre oder eine Mittelschule. Was bedeutet das für die jungen Fussballer*? Wie werden sie vom Verein, dem Kanton und den Ausbildungspartnern unterstützt? Im Gespräch: Jürg Frey, Leiter Nachwuchs beim FC Thun.

Rolf Marti

Wie viele Spieler des FC Thun absolvieren zurzeit eine Lehre oder eine Mittelschule?
Praktisch alle aus den Teams U18 und U21 sowie einige aus dem Team U16. Im Schnitt sind dies 50 bis 60 Spieler.

Die Berufswahl ist für die meisten Jugendlichen eine Herausforderung. Wird sie noch grösser, wenn die Komponente «Leistungssport» dazukommt?
Ja. Während des Berufswahlprozesses ist oft noch nicht klar, ob ein Spieler die nächste Förderstufe erreicht, also auch während der Ausbildung Leistungssport betreiben wird. Körperlich anspruchsvolle Berufe können zu physischer Überforderung führen, Berufe mit unregelmässigen Arbeitszeiten oder wechselnden Arbeitsorten sind mit dem Training schwierig zu vereinbaren. Die Berufswahl muss somit frühzeitig und gut geplant werden.

Welche Rolle übernimmt der FC Thun bei der Berufswahl?
Wir begleiten den Prozess. Das heisst: Wir stehen Spielern, Eltern und potenziellen Lehrbetrieben beratend zur Seite.

Warum ist es wichtig, dass die Spieler eine Lehre oder eine Mittelschule absolvieren?
Die Chance, jemals Fussballprofi zu werden, ist minimal. Unsere Haltung ist daher klar: Wer als Jugendlicher beim FC Thun spielt, macht eine Ausbildung.

Sind Sportlerinnen und Sportler gute Lernende? Die Ausbildung ist für sie doch Nebensache.
Ihr Herz schlägt in erster Linie für den Sport. Trotzdem sind sie in der Regel gute Lernende, weil sie aus dem Sport Qualitäten mitbringen, die auch im Lehrbetrieb oder der Mittelschule wichtig sind. Sie sind leistungsbereit, setzen sich ambitionierte Ziele und arbeiten fokussiert.

Welche Herausforderungen müssen die jungen Talente während der Ausbildung meistern?
Verein, Schule, Lehrbetrieb, privates Umfeld: Alle stellen Ansprüche. Die Jugendlichen müssen lernen, Prioritäten zu setzen und sich abzugrenzen. Eine weitere Herausforderung sind das Zeitmanagement und die Logistik: Je weiter Trainingsort, Arbeitsort und Schulort auseinanderliegen, desto anspruchsvoller. Gute Planung ist unabdingbar.

Wie unterstützt der FC Thun seine Talente dabei, alles unter einen Hut zu bringen?
Wir versuchen stets, die individuellen Bedürfnisse unserer Spieler zu erfassen. Der Trainer spielt dabei eine zentrale Rolle. Er kennt die Spieler am besten und schaltet bei Problemen unsere Beratungsstelle ein. Diese sucht mit dem Spieler, den Eltern, dem Lehrbetrieb oder der Schule nach Lösungen. Das ist in unserem ureigenen Interesse: Fühlt sich ein Spieler in der Ausbildung nicht wohl, kann er sein Potenzial nicht auf den Platz bringen.

Wie tolerant sind Lehrbetriebe und Schulen gegenüber Leistungssportlerinnen und -sportlern?
Ich erlebe sie als äusserst kooperative und flexible Partner. Lehrbetriebe wie Schulen sind in der Regel stolz, ambitionierte Talente in ihren Reihen zu haben.

Welche Rolle spielt der Kanton Bern? Setzt er einen institutionellen Rahmen im Bereich «Ausbildung und Sport»?
Ja. Auf der Grundlage des neuen Sportfördergesetzes wurde der Status «Berner Talent» lanciert. Wer die Kriterien für die Anerkennung als Berner Talent erfüllt, kann gegenüber den Schulen gesetzliche Ansprüche geltend machen – zum Beispiel die Schule früher verlassen, um rechtzeitig im Training zu sein. Das schafft Klarheit und mehr Chancengerechtigkeit. Die Schulen werden entlastet bei der Entscheidung, wer Anspruch aus Dispensation hat, die Talentförderung wird gestärkt.

Gibt es kantonale Beratungsstellen für Leistungssportlerinnen und -sportler?
Die kantonalen Berufsinformationszentren BIZ hat ihr Beratungsangebot für Sportlerinnen und Sportler ausgebaut. Darüber hinaus gibt es eine kantonale Anlaufstelle für Leistungssportlerinnen und -sportler sowie eine Koordinationsstelle beim Mittelschul- und Berufsbildungsamt. Schliesslich haben die meisten Mittel- und Berufsfachschulen eine Koordinationsstelle. Die Institutionen und Schulen sind also gut aufgestellt. «Berner Talent» muss aber bekannter gemacht werden. Die Auswirkungen und die Hilfestellungen, sind noch nicht überall angekommen.

Wie oft kommt es vor, dass junge Talente den hohen Anforderungen, welche Ausbildung und Sport mit sich bringen, nicht gewachsen sind?
In Einzelfällen erfolgt der Abbruch der Ausbildung oder der sportlichen Karriere. Wer aber fussballerisch durchzieht, schliesst in den allermeisten Fällen auch seine Ausbildung ab.

*) Mädchen und Frauen spielen ist in der Region Thun im Verein «Frauenteam Thun-Berner Oberland». Der FC Thun hat daher keine Frauenteams.

Berner Talent

Mit der Initiative «Berner Talente» schafft der Kanton Bern optimale Rahmenbedingungen für junge Sportlerinnen und Sportler. Den Status «Berner Talent» erhält, wer die von der Leistungssportkommission definierten Kriterien erfüllt. Ein wichtiges Kriterium ist die Einstufung bei Swiss Olympics.
www.bernertalent.ch und www.swissolympics.ch

Berufsberatung für Sporttalente

Die BIZ Kanton Bern bieten eine auf Leistungssportlerinnen und -sportler zugeschnittene Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung an. Der Service richten sich an Athletinnen und Athleten vor und während der Sportkarriere sowie im Übergang zur Nachsportkarriere.
www.be.ch/biz-talents

Berufslehre und Leistungssport

Lehrbetriebe können von Swiss Olympic die Auszeichnung «Leistungssportfreundlicher Lehrbetrieb» erhalten. Dazu müssen sie mit dem Kanton Bern eine Zusatzvereinbarung abschliessen. Weitere Informationen:
www.be.ch/ls

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