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Laufbahngestaltungskompetenzen – «Wir haben uns die Förderung auf die Fahne geschrieben»

Die Universitäten Bern und Lausanne haben ein umfassendes Konzept zur Stärkung der Laufbahngestaltungskompetenzen erarbeitet. Travail.Suisse, der unabhängige Dachverband der Arbeitnehmenden in der Schweiz, unterstützt die Stossrichtung der Studie. Leiter Bildungspolitik Gabriel Fischer erläutert die Gründe.

Will die Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung stärken: Gabriel Fischer.

       

Peter Brand

Herr Fischer, welches sind in Ihren Augen die relevantesten Punkte der neuen Studie?
Der wichtigste Punkt ist, dass sie ein integratives Modell erarbeitet hat. Zum ersten Mal verfügen wir über eine Gesamtsicht der Anforderungen an die Laufbahngestaltung mit Hinblick auf die aktuelle und künftige Situation im Schweizer Kontext. Diese Gesamtsicht beginnt in der Primarstufe und erstreckt sich über alle Bildungsstufen hinweg bis in die Erwerbstätigkeit hinein. Auf jeder Stufe sind zu erlernende Laufbahngestaltungskompetenzen definiert. Das ist sehr wertvoll.

Travail.Suisse unterstützt das Konzept. Aus welchen Gründen?
Wir sehen die Arbeitswelt in einer starken Veränderung. Es findet ein beschleunigter Strukturwandel statt. Das bedingt, dass sich die Arbeitnehmenden bis zu einem gewissen Grad mitverändern. Sie sind bestrebt, ihre Arbeitsmarktfähigkeit zu erhalten und die eigene Laufbahn regelmässig zu planen. Es braucht Kompetenzen und Unterstützung durch Beratung und Begleitung, um diese Wechsel zu vollziehen und im Dickicht der möglichen Karrierewege immer wieder den persönlichen Weg zu finden.

Das heisst in der Konsequenz?

Daraus leiten wir ab, dass wir die Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung stärken und die Laufbahngestaltungskompetenzen der Individuen fördern wollen. Erreichen wir beides und sorgen für mehr zeitliche und finanzielle Unterstützung der (Weiter-)Bildungsbemühungen der Arbeitnehmenden, verfügen wir über eine gute Ausgangslage, um den Wandel erfolgsversprechend meistern zu können. Das ist positiv für die Individuen, aber auch für Wirtschaft und Gesellschaft.

Eine zentrale Forderung ist, dass sich die Laufbahnberatung stärker «von der punktuellen Beratung hin zu einer kontinuierlichen Begleitung» entwickelt. Was ist gemeint?
Die Arbeitnehmenden sollen sich proaktiv überlegen, wo sie beruflich stehen und wohin sie möchten. Und zwar nicht erst dann, wenn die Frage akut ist, sondern in einer begleitenden Art und Weise. Konkret stellen wir uns einen regelmässigen, niederschwelligen und kostenlosen Check-up vor – beispielsweise ein Standortgespräch alle fünf Jahre. Auf diese Weise wird allfälliger Handlungsbedarf ersichtlich. Wie gesagt wird die Laufbahnberatung an Bedeutung gewinnen. Wir gehen davon aus, dass die bestehenden Angebote stärker in Anspruch genommen und ausgebaut werden müssen.

Was bedeutet das alles für die Arbeitnehmenden? Die eigene Laufbahn immer wieder planen zu müssen, kann auch Stress und Ängste auslösen …
Das ist so, und es darf kein Veränderungszwang entstehen. Aber es ist eine Frage der Alternativen. Wir sind überzeugt, dass die Arbeitnehmenden letztlich profitieren und weniger in beruflichen Sackgassen oder auf Abstellgleisen landen. Letzteres wäre der deutlich grössere Stress. Die gelingende Arbeitsmarktintegration ist zentral für das Wohlbefinden. Eine der wichtigsten Laufbahngestaltungskompetenzen wird sicher sein, nicht auf der Angstschiene zu handeln, sondern durch die gewonnenen Erkenntnisse in ein proaktives vorausschauendes Handeln zu kommen.

Was bedeutet dieser Paradigmenwechsel für die Arbeit der Fachpersonen der Laufbahnberatung?
Ich könnte mir vorstellen, dass die Laufbahnberatung dadurch etwas mehr von der psychologischen Begleitung wegrückt und ihr Augenmerk vermehrt auf Wissen und Fakten des Arbeitsmarkts und des Bildungssystems legt. Welche Berufe und Funktionen entwickeln sich? Wie entwickeln sich die Wege dahin? Und was bedeutet das für die jeweilige Laufbahnsituation? Das sind die wichtigen Fragen. Der Paradigmenwechsel hätte vermutlich eine stärkere Spezialisierung der Beratungspersonen zur Folge.

Was kann/will Travail.Suisse zur Förderung der Laufbahngestaltungskompetenzen beitragen?
Auch wir sind gefordert, kontinuierlich an der eigenen Laufbahn und allenfalls an der Weiterbildung zu arbeiten. Daher werden wir das Thema mit unseren Mitgliedern aufnehmen. Als Akteur der Bildungspolitik werden wir uns in allen Gremien bei anstehenden Bildungsrevisionen dafür einsetzten, dass die Laufbahngestaltungskompetenzen mitgedacht und mitberücksichtigt sind. Wir haben uns die Förderung auf die Fahne geschrieben.

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