
Kinder sind von Natur aus neugierig und offen für die Berufswelt. Daran knüpft das neue Angebot «Kinder entdecken die Arbeitswelt» der Berufsinformationszentren (BIZ) an: Berufsleute besuchen Kindergärten und Grundschulen und erzählen von ihrer Arbeit. So entdecken die Kinder berufliche Vielfalt. Cornelia Balmer erklärt, wie es funktioniert.
Kathrin Kiener
Frau Balmer: Was beinhaltet das Angebot «Kinder entdecken die Arbeitswelt» für Schulen?
Das Angebot ermöglicht Kindergarten- und Grundschulkindern vielseitige Einblicke in die Arbeitswelt – genderneutral und frei von Rollenbildern. Das zentrale Element ist der Besuch von Berufspersonen im Unterricht. Gemeinsam mit der PHBern haben wir dafür zwei Medienkisten mit Büchern und Spielen, ein Ideenset sowie einen Leitfaden für Lehrpersonen entwickelt. Die Materialien können für die Gestaltung des Unterrichts genutzt werden.
Warum ist es sinnvoll, dass Kinder bereits in diesem Alter Einblicke in die Berufswelt erhalten?
Kinder sind in diesem Alter sehr neugierig und interessieren sich schon früh für Berufe und die Lebenswelt der Erwachsenen. Wenn sie zum Beispiel an einer Baustelle vorbeikommen, beobachten sie fasziniert das Geschehen und wollen wissen, wer dort was macht. Diese Offenheit lässt sich nutzen, um spielerisch über Berufe zu sprechen. Eine Polizistin, ein Pflegefachmann: Das interessiert Kinder. Und: Sie denken noch nicht darüber nach, ob ein Beruf typisch oder untypisch für eine Frau oder einen Mann ist. So entsteht früh ein neutraler Zugang zur beruflichen Vielfalt.
Wie verläuft der Besuch einer Berufsperson im Unterricht?
Viele Lehrpersonen integrieren das Thema über ein ganzes Quartal hinweg in den Unterricht und laden verschiedene Berufspersonen ein. Sie stammen oft aus dem Quartier oder dem Dorf. Auch Eltern sind dabei. Sinnvoll ist es, die Kinder im Vorfeld abzuholen, zum Beispiel mit einer Zeichnung, wie sie sich den gezeigten Beruf vorstellen. Die Berufspersonen bringen Anschauungsmaterial mit – der Automechaniker beispielsweise typische Werkzeuge und Diagnosegeräte. Oder sie treten in ihrer Arbeitskleidung auf – die Busfahrerin beispielsweise in der Uniform. Das wirkt auf Kinder besonders eindrücklich.
Worauf sollten Lehrpersonen bei der Auswahl der Berufspersonen achten?
Zentral ist, dass die Person engagiert ist und kindgerecht erklären kann. Es sollte spürbar sein, dass sie ihre Tätigkeit gerne ausübt und stolz auf ihren Beruf ist. Wichtig ist zudem, Vielfalt zu zeigen – handwerkliche, dienstleistungsorientierte und akademische Berufe. Die Kinder sollen aber nicht nur Einblick in den Arbeitsalltag erhalten, sondern auch erfahren, wie ein Beruf ins Leben eingebettet ist – mit Familie oder Hobbys, Vollzeit- oder Teilzeitarbeitsmodellen.
Haben Sie Tipps, wie sich Lehrpersonen optimal auf einen Besuch vorbereiten können?
Das ist im Leitfaden gut beschrieben. Die Lehrpersonen können das Material aus der Medienkiste nutzen und die Berufsperson vorbereiten, damit sie Anschauungsmaterial oder Berufskleidung mitbringt. Wichtig ist auch die Auswertung: Was haben die Kinder entdeckt, was war neu? Kinder lernen stark an Beispielen und verarbeiten das Erfahrene oft, indem sie es gemeinsam nachspielen.
Warum ist es wichtig, dass Kinder auch untypische Berufe für ihr Geschlecht oder weniger bekannte Berufe kennenlernen?
Später, in der Pubertät, wird der Spielraum enger – Peers und Rollenbilder prägen die Jugendlichen stark. Wenn Kinder jedoch schon früh erlebt haben, dass es Schreinerinnen oder Fachmänner Betreuung gibt, dann bleibt diese Erfahrung haften. Ziel ist, dass sie einen Beruf wählen, der zu ihren Fähigkeiten passt. Je grösser die Auswahl ist, desto eher gelingt dies. Zudem geht es um Gleichstellung: Kinder sollen sehen, dass es unterschiedliche Lebensentwürfe gibt, etwa eine Kaderfrau mit Familie oder einen Hausmann, dessen Partnerin voll berufstätig ist.
Wie prägen solche frühzeitigen Erfahrungen die spätere Berufswahl?
Frühe Eindrücke wirken oft erstaunlich lange nach. Wenn Kinder bereits im Kindergarten erlebt haben, dass es ganz unterschiedliche Berufe und Lebensentwürfe gibt, behalten sie diese Offenheit auch später. So erweitern sie ihr Berufswahlspektrum und lassen sich weniger durch Rollenbilder einschränken. Gleichzeitig erwerben sie Lebenskompetenzen wie Neugier oder Mut – Fähigkeiten, die ihnen helfen, ihren eigenen Weg zu finden.
Infobox
«Kinder entdecken die Arbeitswelt» ist ein Angebot der BIZ des Kantons Bern. Es beinhaltet Informationen, Instrumente und Materialien für Eltern, Lehrpersonen und Fachpersonen aus der Kinderbetreuung. Die Unterrichtsmaterialien für Schulen wurden in Zusammenarbeit mit der PHBern entwickelt und können dort bezogen werden.
www.biz.biz.bkd.ch
www.phbern.ch
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