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«An der Schnittstelle zwischen Technik und Wirtschaft»

«Unsere Berufsfeldanalyse beziffert das Potenzial auf 400 bis 500 Lehrstellen pro Jahr für die ganze Schweiz», sagt Thomas Riesen. Bild: Rolf Marti

       

Im Sommer 2023 starten die ersten Lernenden im neuen Beruf «Entwickler/-in digitales Business EFZ». Warum braucht es diesen Beruf? Welche Kompetenzen vermittelt er? Welche Jugendlichen soll er ansprechen? Im Gespräch: Thomas Riesen, Präsident von ICT-Berufsbildung Bern und Vorstandsmitglied von ICT-Berufsbildung Schweiz.

Rolf Marti

Das Berufsfeld der Informations- und Kommunikationstechnologie (ICT) hat einen neuen Beruf lanciert: «Entwickler/-in digitales Business EFZ». Warum braucht es diesen Beruf?
Den Anstoss gab eine Berufsfeldanalyse bei rund 500 Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen – also nicht nur der ICT. Die Analyse hat gezeigt: Es fehlt ein Beruf an der Schnittstelle zwischen Technik und Wirtschaft. Die Betriebe brauchen Fachleute, die technisches Verständnis mit kaufmännischem Denken verbinden.

Was genau werden Entwicklerinnen und Entwickler digitales Business EFZ entwickeln?
Ich veranschauliche das gerne an zwei Beispielen. Bei einem Onlinehändler analysieren diese Fachleute vielleicht die Bezahlgewohnheiten der Kundinnen und Kunden. Welche Zahlungsarten bevorzugen sie? Welche Probleme treten im Bezahlprozess auf? Wie kann der Service verbessert werden? Zweites Beispiel: In einem Spital untersuchen sie möglicherweise, welche Wege das Personal bei der Arbeit zurücklegt. Sie erheben digitale Daten und analysieren diese mit dem Ziel, die Laufwege zu optimieren. Es geht also darum, aus Analysen Verhaltensmuster und Optimierungspotenziale zu erkennen und so Prozesse zu verbessern bzw. einen wirtschaftlichen Nutzen zu erzeugen. Entwicklerinnen und Entwickler digitales Business lernen deshalb auch, ihre Analysen verständlich und attraktiv aufzubereiten, sodass die Unternehmen gute Entscheidungsgrundlagen haben.

In welchen Branchen braucht es Entwicklerinnen und Entwickler digitales Business?
Sie werden in allen Branchen, welche digitale Geschäftsmodelle nutzen oder initiieren, arbeiten – im Detailhandel, in der Logistik, im Gesundheitswesen und vielen anderen. Je nach Branche werden sie mit unterschiedlichen Anspruchsgruppen im Austausch stehen und die Schnittstelle zu den technischen Fachleuten sicherstellen. Vermutlich werden primär mittlere und grössere Unternehmen Bedarf haben.

Welche Voraussetzungen müssen Jugendliche für diesen Beruf mitbringen?
Der Beruf gehört zu den anspruchsvollen der Berufsbildung. Wir suchen gute Sekundarschülerinnen und -schüler, die kommunikativ, teamfähig und kreativ sind und die sich für technische und wirtschaftliche Zusammenhänge interessieren. Wichtig zu betonen: Es handelt sich nicht um einen technischen Beruf. Sie werden nicht an Computern schrauben und sie werden keine technische Grundinstallationen oder Konfigurationen vornehmen.

Gibt es bereits Lehrstellen?
Ja, die ersten Selektionsverfahren laufen. Zu Beginn bieten eher mittelgrosse und grosse Betriebe Lehrstellen an. Sie haben die Ressourcen für die rasche Einführung eines neuen Berufs. Wir gehen davon aus, dass wir im Kanton Bern im ersten Jahr maximal zwei Berufsfachschulklassen führen können. Das entspricht 30 bis 40 Lernenden.

Können Jugendliche irgendwo Einblick in den neuen Beruf gewinnen?
Die Lehrbetriebe bieten in der Regel Schnuppertage an. Auf der Projekt-Webseite, den Lehrstellenplattformen und den Websites der Unternehmen sind Lehrstellen ausgeschrieben. (siehe Link im Kasten).

Welches Potenzial sehen Sie für den neuen Beruf?
Unsere Berufsfeldanalyse sieht für den Start ein schweizweites Potenzial von 150 Lehrstellen. Aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung darf mit einem zunehmenden Bedarf gerechnet werden.

Wichtig für die Attraktivität eines Berufs sind die Anschlussmöglichkeiten? Welche Perspektiven haben Entwicklerinnen und Entwickler digitales Business EFZ?
Die Lehre kann mit der Berufsmaturität «Wirtschaft und Dienstleistungen» kombiniert werden. Danach hat man die Möglichkeit, sich über die Höhere Berufsbildung beispielsweise zur Wirtschaftsinformatikerin oder zum Applikationsentwickler weiterzubilden oder aber über eine Passerelle an der Uni Wirtschaft oder Informatik zu studieren. Die Möglichkeiten sind fast unbegrenzt.

Berufsbild

Entwicklerinnen und Entwickler digitales Business EFZ sind Profis für digitale Lösungen. Gemeinsam mit Fachpersonen anderer Disziplinen machen sie Produkte der Informations- und Kommunikationstechnologie fit für die Zukunft. Sie arbeiten in Projekten mit, analysieren digitale Prozesse, koordinieren Entwicklungsschritte, erstellen Visualisierungen und begleiten die Einführung neuer digitaler Lösungen. Dabei stehen sie im Austausch mit Kundinnen und Kunden. Die Freude am Umgang mit Menschen und Technik ist zentral.

Ausbildung

Die Ausbildung dauert vier Jahre. In den ersten zwei Jahren besuchen die Lernenden die Berufsfachschule an zwei Tagen, in den letzten zwei Jahren an einem Tag. Bei guten Leistungen kann parallel die Berufsmaturitätsschule besucht werden. Die Ausbildung schliesst mit einem Eidgenössischen Fähigkeitszeugnis (EFZ) ab.

www.ict-berufsbildung.ch

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